Robert Thomas, 'Das Goetheanum', Mai 2018
50 Jahre nach dem Prager Frühling haben internationale Akteure der Waldorfschulbewegung in Prag der tschechischen Öffentlichkeit Anfang Mai ihr Kernanliegen, ‹dem Menschen verpflichtet›, vorgestellt.
Eine Charta der Internationalen Konferenz der Waldorfpädagogischen Bewegung und der International Association for Steiner/Waldorf Early Childhood Education mit einer radikalen Position in Bezug auf den Angriff, den die Digitalisierung für das Bildungswesen bedeutet, sollte bald folgen. In den Gesprächen wurde klar, dass Frühkindheit wie Kindheit entsprechend gefördert werden sollen, damit eine Medienmündigkeit für Jugendliche ermöglicht wird. Es wurde eindrücklich gezeigt, wie in Ländern wie Japan, Kolumbien, Südafrika und Indien das Schulwesen vom kommerziellen Trend der Digitalisierung erobert wurde und wie Waldorfkindergärten und Schulen für viele Eltern als Alternative dazu stehen. Unsere Herausforderung liegt in der Kommunikation der Botschaft, dass eine Pädagogik, die sich konsequent und systematisch an den Entwicklungsschritten der Kinder und Jugendlichen orientiert, nicht technikfeindlich ist, sondern Medienmündigkeit statt Medienkompetenzen als Bildungsziel hat.
Weiterer Bericht:
Bericht des Treffens der Internationalen Konferenz in Prag 10. - 13. Mai 2018
Jeppe Flummer
Das Frühlingstreffen 2018 der Internationalen Konferenz/Haager Kreis (IK) fand in Prag statt. Es wurden 50-Jahre Prager Frühling und Charta´68 zum Anlass genommen, sich den heutigen Bedrohungen der inneren Freiheit und einer Sozialentwicklung mit menschlichem Antlitz zu widmen. Die IK verfasste eine Charta 2018 zur Erziehung in einer digitalen Welt.
In einem einleitenden Beitrag stellte Dusan Plestil ein Bild des heiligen St. Prokop hin, der mit Hilfe des Teufels pflügt und erläutete daran die Bildungssituation in Tschechien.
Bildungspläne werden immer weniger von Lehrern, Eltern oder dem Staat entwickelt., Sie werden vielmehr aus Marktbedürfnissen und medieneigenen ”Zeitforderungen” diktiert. Globalen Medienkonzernen formulieren sie überzeugend. Sie verfügen über die Logistik und Lernpsychologie die und entsprechenden finanziellen Mittel ihre Vorgaben umzusetzten.
Wir hören im Kreis Berichte aus den USA, der EU, Japan und Kolumbien zu den Themen E-learning, PISA für Baby, Learning Robots. Das Bild eines Menschen entstand, der nur noch Data ist, intelligent erscheint, aber steuerbar und manipulierbar ist. Überall ringen die Menschen um eine Medienerziehung, eine Kultur-und Bildungspolitik, aber auf sehr unterschiedliche Weise.
Wir brauchen einen Aufbruch, eine Charta 2018 der Menschlichkeit, der Freiheit im Kulturellen wie in der Bildungspolitik.
Auftakt dieses Treffens war eine öffentliche Konferenz in Prag in Kooperation mit IASWECE, ECSWE und den Freunden aus Tschechien zum Motto der Charta2018: Erziehung in einer digitalen Welt. Die Charta 2018 stellt die waldorfpädagogischen Gedanken zum Umgang mit der Digitalisierung dar. Es ist als Aufruf für Bildungspolitiker und Eltern weltweit gedacht. Sie fordert einen altersgemässen Umgang mit den digitalen Medien. Es geht darum Freiräume in den Schulen zu sichern, um entsprechend der kindlichen Entwicklung den Umgang mit digitaler Technik, Medien, androiden Robotern etc. zu erlernen und die Technik zu verstehen.
Die Charta 2018 wurde unter verschiedenen Gesichtspunkten diskutiert und wird nun in einem kleinen Kreis weiter bearbeitet werden, um sie anschliessend zu veröffentlichen. In welchem Umfang und an wen wird noch genauer ausgearbeitet werden müssen.
Die IASWECE entwarf ebenfalls einen Manifest , das mit demselben Ziel vorgelegt wurde und das 1. Jahrsiebt ins Zentrum stellt.
Das gemeinsame Treffen von IASWECE und IK zeigte, welche Möglichkeiten in einer vertieften Zusammenarbeit liegen. Die Schule als Ganzes, von den ersten Lebensjahren bis zum Schulaustritt, die in der Steiner/Waldorf Schule veranlagt ist, hat erst begonnen. Das Interesse für die Entwicklung des Kindes, das Kindergarten bis Oberstufe verbindet kann noch wesentlich gesteigert werden.
Waldorf 100 war selbstverständlich auch wieder Thema. Wir hörten den Bericht über viele Initiativen, über die Bilanz sowie das Budget. Die Vorbereitung auf 2019 entwickelt sich erfeulich positiv! Ein wichtiger Punkt waren die weltweit stattfindenden Tagungen im Rahmen des 100-jährigen Bestehens der Steiner/Waldorfschulen.
Wie in jedem Treffen gab es Gespräche zur Aufnahme von Schulen in die Weltliste.
Ein besonderes Erlebnis war eine abendliche Führung mit Tomas Zdrazil auf den Spuren Rudolf Steiners durch die von Touristen belebte Altstadt von Prag.
Prag wurde von Steiner oftmals besucht; er hielt achtzehn Vortrags-Kurszyklen, was Prag abgesehen von den Städten, in denen er auch wohnte, zu demvon ihm meistbesuchten Ort macht. Ganz zentrale Themen wurden hier gearbeitet; z.B. und meistbekannt vielleicht die ”Okkulte Physiologie”- ein Kurs, März 1911. In Prag begegnen sich viele Kulturströmungen. Ihre abendländische und zugleich frühlingslandschaftliche Stimmung lässt sie erahnen. Auch neben touristischem Lärm und dem Geniessen der ersten Wärme und Abendsonne während des Rundgangs auf den Fussspuren Steiners und der damaligen Theosophen und Antroposophen, empfindet man sichtbar, Prag hat seine lange und bunte Geschichte direkt am Ufer der Moldau. Nicht nur ich selber als Europäer, auch mein chinesischer oder kolumbianischer Kollege spüren diesen besonders sanften, milden Boden. Man fühlt sich in der Mitte zuhause.